3 Kinetische Energie

Die kinetische Energie (Bewegungsenergie) ist die Energie, die in der Bewegung eines Körpers enthalten ist. Sie wird im bewegten Körper gespeichert und kann ihm auch wieder entnommen werden. Wie verändert sich die Materie dabei? Wir wollen zuerst die Verhältnisse beim Elektron betrachten und dann bei einem kompletten Atom.

3.1 Die Kinetische Energie des Elektrons

Wir suchen eine physikalische Erklärung dafür, dass ein bewegtes Elektron an Masse zunimmt, also für den sogenannten relativistischen Massenzuwachs. Dieser Effekt muss laut den Überlegungen im vorigen Kapitel auf einer Wechselwirkung beruhen.

Genau dies gelingt Marmet in seinem Artikel Fundamental Nature of Relativistic Mass and Magnetic Fields. Er betrachtet das fliegende Elektron als elektrischen Strom und berechnet die Energie des erzeugten Magnetfeldes. Er zeigt, dass diese Energie dem relativistischen Massenzuwachs entspricht. Zitat:

"Die Relativitätstheorie liefert uns eine Beziehung, die die relativistische Massenzunahme bewegter Partikel beschreibt, aber sie hat kein physikalisches Modell, das den grundlegenden Mechanismus beschreibt, der für diese Massenzunahme verantwortlich ist. Wir zeigen hier, daß diese zusätzliche kinetische Masse mit einem wohlbekannten Mechanismus erklärt werden kann, der die elektromagnetische Energie einbezieht. Dies geht, wenn man das von der fliegenden Ladung erzeugte Magnetfeld berücksichtigt, das mit der Biot-Savart Gleichung berechnet wird. Wir zeigen, daß die Energie des von einem fliegenden Elektron erzeugten Magnetfeldes, umgerechnet in Masse, immer gleich der relativistischen Masse M0(γ - 1) ist, wie sie in Einsteins Relativitätstheorie abgeleitet wird. Daher kann der relativistische Parameter γ mit Hilfe der elektromagnetischen Theorie berechnet werden."

Weil diese Ableitung so wichtig ist, will ich die einzelnen Schritte kurzgefasst wiedergeben, genaueres möge man in besagtem Artikel nachlesen. Die Gleichungsnummern im folgenden Text beziehen sich auf Marmets Artikel. Da ich gehört habe, die Anzahl der Leser würde mit jeder Formel halbiert, möchte ich in wenigen Worten den Lösungsweg skizzieren. Wer es etwas genauer will, möge unten auf "...Formeln anzeigen" klicken.

Betrachten wir zuerst einen stromdurchflossenen Leiter. Man kann das Magnetfeld berechnen (Biot-Savart), das von dem Strom erzeugt wird. Der Strom ist definiert als Ladungen pro Zeiteinheit, d.h. bei bekannter Elementarladung e des Elektrons als Anzahl * e pro Zeiteinheit. Der Leiter kann ebensogut entfallen, dann handelt es sich um einen Elektronenstrahl, d.h. um eine Vielzahl von Elektronen, die mit konstanter Geschwindigkeit fliegen. Da die Ladungen quantisiert sind, muss man von der Vorstellung einen Linienladung abgehen und den Strom als Anzahl von Elektronen betrachten, die sich mit der Geschwinigkeit v bewegen. Marmet betrachtet nun ein einzelnes Elektron als kleinstmögliches Stromelement und untersucht, was mit dem Elektron bei der Bewegung geschieht.

3.1.1 bis 3.1.5 und Formeln anzeigen

Daraus folgt, wie hier für das Elektron gezeigt wurde:

Der sogenannte relativistische Massenzuwachs ist nichts anderes als die Masse des Magnetfeldes, das von dem fliegenden Elektron erzeugt wird.

3.1.6 Kinetische Energie durch Wechselwirkung

Wir haben in Kapitel 2 das Modell für ein stationäres Elektron kennengelernt. Man kann sagen, es ist ein Feld um eine zentrale Hohlkugel mit dem klassischen Elektronenradius re, das sich von dort bis ins Unendliche erstreckt und mit 1/r2 abfällt. Der Hauptteil seiner Energie ist in unmittelbarer Nähe des winzigen Elektronenradius konzentriert, weshalb man es früher als punktförmiges Partikel betrachtet hat, aber das Elektron in seiner Gesamtheit ist unendlich groß. Deshalb kann es auch mit anderen Elektronen, die viele Meter entfernt sind, wechselwirken, denn sie berühren (durchdringen) sich ja gegenseitig trotz der Entfernung.

Bilder aus: Fundamental Nature of Relativistic Mass and Magnetic Fields

Das bewegte Elektron erzeugt ein Magnetfeld, in dem seine kinetische Energie gespeichert ist. Wir suchen nun ein Gedankenmodell, das erklärt, wie die kinetische Energie des Elektrons durch Wechselwirkung entstehen könnte. Wir wissen, das ein bewegtes Elektron auch eine Wellennatur hat (De Broglie) und dass beschleunigte Ladungen mit einer gewissen Wellenlänge strahlen, und ebenso haben wir berechnet, dass es kinetische Energie speichern kann. Marmet schlägt nun ein Ringwirbelmodell vor, eine Anordnung von ringförmigen Wirbeln (toroidal vortices), wie es schematisch im rechten Bild dargestellt ist. Es zeigt den "Querschnitt" eines fliegenden Elektrons. Die Wirbelstruktur wird durch unterschiedliche Grauwerte veranschaulicht. Der Abstand der Wirbelmaxima ist durch die De Broglie - Wellenlänge bestimmt. Diese ringförmigen Wirbel würden mit dem Elektron mitfliegen und dem Elektron die in Doppelspaltexperimenten beobachtete Querausdehnung geben.

Es ist also festzuhalten: das ruhende und das bewegte Elektron haben eine andere Struktur. Wenn ein Elektron bewegt wird, erhält es kinetische Energie, die dem erzeugten Magnetfeld und ebenso dem relativistischen Massenzuwachs entspricht. Diese Energie wird in verlustfreien Ringwirbeln gespeichert, deren Struktur von der Geschwindigkeit abhängt. Das Ringwirbelmodell erfüllt die Bedingungen wie die Energierhaltung, die Impulserhaltung, und es ist kompatibel mit De Broglie.

Nun stellt sich die Frage: Wirbel worin? Unser Elektron ist nicht allein im Weltraum, sondern unter unendlich vielen anderen Teilchen, deren äußerste Feld-Reste sich überlagern bzw. addieren, weil sie unendlich groß sind. Wenn sich das Elektron durch diese Überlagerung bewegt, kommt es als Wechselwirkung zu besagten Wirbeln. Es muss nochmals betont werden: entscheidend ist die Absolutgeschwindigkeit des Elektrons, bezogen auf den Rest des Universums. (Absolut wie die Maxwellschen Gleichungen.)

Wenn diese Wirbelstruktur beschleunigt wird, wird Licht abgestrahlt. Wir können deshalb erwarten, dass auch die Struktur der erzeugten Photonen dazu kompatibel ist. Diese haben eine Längsausdehnung (Kohärenzlänge), die der Dauer der Beschleunigung entspricht, und eine Querausdehnung mit nach außen abnehmender Intensität, die es erlaubt, dass selbst einzelne Photonen am Doppelspalt interferieren. Man kann sich die Struktur in etwa zylindrisch vorstellen, wobei die Länge der Kohärenzlänge entspricht, und ihr Querschnitt dem Wirbelbild oben rechts gleicht. Der Aufbau dieser Struktur bleibt konstant, das Photon divergiert also nicht (näheres hierzu im Kapitel über das Licht). Die Geschwindigkeit der Photonen ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle, sie ist konstant, weil sie letztenendes von den Eigenschaften der Überlagerung der äußeren Anteile aller Teilchen im Universum bestimmt wird.

Das Photon hat also eine komplexe Struktur, die von unseren Messungen nur unzureichend erfasst wird. Je nach dem Messaufbau, den wir wählen, können wir seine Wellenlänge oder seinen Impuls messen; es ist aber unsinnig, deshalb von einem "Dualismus" des Photons zu sprechen.

Dieses Elektronenmodell hat den Vorteil, dass es

- den "relativistischen" Massenzuwachs physikalisch erklärt,
- mit der Wechselwirkung begründet und
- außerdem mit De Broglie kompatibel ist.

Es liegt nahe, diesen Mechanismus auch für das Proton bzw. für alle gelandenen Teilchen anzunehmen. Für das Neutron gilt das gleiche, da es aus (sich nach außen kompensierenden) geladenen Anteilen besteht.

3.1.7 Absolutes Referenzsystem vs. RT

Wir wollen noch einmal zusammenfassen:
Wir haben am Elektron und am Proton gezeigt, daß die Teilchen unendlich groß sind, wobei ihre Energie nach außen mit 1/r2 abnimmt. Die Teilchen erscheinen uns nur als nahezu punktförmige Massen, in Wirklichkeit erstrecken sie sich, immer "feiner" werdend, bis ins unendliche. Das ganze Universum ist erfüllt von der Überlagerung dieser äußeren Anteile der Teilchen.

Jedes Teilchen ist eingebettet in diese Gesamtheit aller anderen Teilchen, und jede Bewegung findet in Relation auf diese Gesamtheit statt. Kein Teilchen existiert unabhängig von den anderen, jede Bewegung verursacht eine Wechselwirkung.

Wir müssen uns auf die Überlagerung der äußeren Anteile aller Teilchen im Universum beziehen. Wenn sich ein Teilchen gegenüber dieser Gesamtheit bewegt, führt die Wechselwirkung von Teilchen und Gesamtheit zum Aufbau von kinetischer Energie. Wir können nun auch den Ruhezustand definieren:

Ruhe heißt Geschwindigkeitsdifferenz zum Mittelwert der Geschwindigkeiten aller Teilchen im Universum = Null. Damit haben wir ein Absolutes Referenzsystem für die Geschwindigkeiten.

Die Überlagerung erinnert ein wenig an die früher aktuelle Ätherdiskussion. Der Äther - ein Unwort in der gegenwärtigen physikalischen Diskussion - ist ein fiktives Medium, in dem sich das Licht fortpflanzen kann und das auch Übermittler der "Fernwirkung" sein soll. Lange Zeit rechnete man fest mit seiner Existenz, erst nach dem Versuch von Michelson und Morley wurde er "abgeschafft". Nun stellen wir fest: es gibt zwar keinen Äther als eigenständig existierendes Medium, aber diese Überlagerung erfüllt den selben Zweck. Last not least haben wir damit ein Medium, in dem sich das Licht fortpflanzen kann. Die Lichtgeschwindigkeit muss also nicht axiomatisch als fest definiert werden, sie ergibt sich als fest, weil sie von den Eigenschaften des Ausbreitungsmediums bestimmt wird: c2=1/(μo εo).

Die Aussage "es gibt ein absolutes Referenzsystem" ist eine direkte Konsequenz der Tatsache, dass die Materieteilchen unendlich groß sind und deswegen mit allen anderen Teilchen wechselwirken müssen. Durch diese Wechselwirkung entsteht die kinetische Energie, und die bezieht sich auf das absolute Referenzsystem, das durch die Überlagerung aller Teilchen im Universum gebildet wird.

Jedes Teilchen, das sich im Universum bewegt, trägt die Information über seinen Bewegungszustand (als kinetische Energie) mit sich wie ein kleiner Kreisel, und zwar nach Betrag und Richtung. Die Größe der kinetischen Energie bezieht sich immer auf dieses absolute Referenzsystem, das verlangt der Satz von der Erhaltung der Energie.

Der Energieinhalt ist also abhängig von der absoluten Geschwindigkeit eines Teilchens, bezogen auf den so definierten Ruhezustand, und entsteht durch eine Wechselwirkung. Wenn sich die Geschwindigkeit ändert, dann ändert sich auch der Energieinhalt. Dies bedeutet: durch den veränderten Energieinhalt muß sich zwangsläufig auch die innere Struktur der Teilchen ändern, denn die Energie wird irgendwo gespeichert und ist wieder abrufbar. Es ist nicht zulässig, sie über Koordinatentransformationen verschwinden zu lassen. Koordinatensysteme und Koordinatentransformationen sind keine physikalischen Vorgänge, sondern Mathematik. Physik bedeutet immer Wechselwirkung und Energieaustausch.

Diese Aussagen sind diametral entgegengesetzt zur Relativitätstheorie. Wir stehen nun vor einem Problem: es ist unzweifelhaft so, dass die RT viele Erscheinungen in der Physik mathematisch begründen kann. Wir müssen nun zeigen, dass wir dies mit unserer Forderung nach dem Primat der Wechselwirkung auch können. Sie werden sehen, es ist möglich, und im Unterschied zur RT können wir die Effekte physikalisch erklären. Dabei stütze ich mich besonders auf die wegweisenden Ideen von Prof. Paul Marmet, die auf seiner Website www.newtonphysics.on.ca nachzulesen sind. Er kann formelmäßig ableiten, wie die kinetische Energie eines geladenen Teilchens zustande kommt, und durch welchen Mechanismus sowohl die die relativistische Massenzunahme als auch die potentielle Energie erklärt werden kann.

Man könnte sich nun fragen, ob es sich lohnt, sich auf die "nichtrelative Relativitätstheorie" mit Marmet einzulassen. Während in der RT mittels Axiomen ein theoretisches Gerüst aufgestellt wird, das für viele sehr unanschaulich wirkt, erklärt Marmet die beobachteten Effekte physikalisch. Der Reiz ist: Man kann sich anschaulich vorstellen, warum zum Beispiel bewegte Materie schwerer wird und ihre Abmessungen ändert. Obendrein stehen Marmets Erklärungen im Einklang mit der Quantenmechanik und sind widerspruchsfrei. Wir sollten den Mut zu einem Neuanfang haben - ich verspreche Ihnen, dass es interessant wird.

3.1.8 Exkurs: Das Doppelspaltexperiment

Das folgende Bild zeigt die Ergebnisse eines Versuchs von Tanamura, siehe Wikipedia. An diesem Beispiel will ich wieder den Einfluß der Modellvorstellung erläutern.

Wir kennen das Doppelspaltexperiment mit Licht: hinter einem Dopppelspalt messen wir ein Interferenzmuster, das sich aus der Überlagerung der durch die beiden Spalte gehenden Lichtwellen ergibt.

Doubleslitexperiment_results_Tanamura_1.gif

Das Experiment wurde auch mit Elektronen durchgeführt. Für Elektronen lässt sich das mit der klassischen Vorstellung "Elektron = Korpuskel" überhaupt nicht erklären, um so weniger, als die Interferenz auch auftritt, wenn man nur einzelne Elektronen durchschickt! Der Versuch wurde mit einer sehr geringen Intensität (ca. 10 Elektronen pro Sekunde) durchgeführt.

Das Bild zeigt das während der Messzeit (zuerst a, am Ende d) entstehende Muster, jedes Elektron erzeugt einen Punkt.

Die Quantenphysik kann das Interferenzmuster berechnen. Man weiß, daß man dem Elektron eine Wellenlänge zuordnen kann (Materiewellen). In der Quantenphysik gilt auch für das Elektronenmodell der Welle - Teilchen - Dualismus. Das heißt in etwa, das Elektron verharrt in einem geisterhaften "sowohl - als auch" bis zum "Kollaps der Wellenfunktion". Der Kollaps tritt auf, wenn man eine Messung durchführt. Es ist ferner gelungen, eine bewunderswerte Mathematik zu entwickeln, mit dem die Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnet wird, mit der das Elektron durch einen der Spalte fliegt und mit sich selbst interferiert. Das Ergebnis deckt sich mit dem gemessenen Streifenmuster. (Bewundernswert, aber für den normalen Menschenverstand völlig unanschaulich.)

Wenn wir uns von der dualistischen Modellvorstellung lösen und stattdessen das oben angegebene Ringwirbelmodell annehmen, können wir auf natürliche Weise das Ergebnis erklären. Dann ist auch sofort einzusehen, daß auch ein einzelnes Elektron mit sich selbst interferieren kann: es hat nämlich eine Struktur quer zur Flugrichtung, eine Anordnung von Ringwirbeln, deren Abstand mit der de Broglie - Wellenlänge zu beschreiben ist. Ähnlich wie eine klassische Wellenfront kann diese gleichzeitig durch beide Spalte treten und ein Interferenzmuster erzeugen. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, daß wir hier dem Elektron eine vom Beobachter unabhängige Existenz zubilligen! Dies ist in der Quantenphysik anders, denken Sie nur an die arme Katze des Herrn Schrödinger.

Wenn man beide Modelle gegenüberstellt, muss man mit Ockham sagen: das einfachere Modell (das neue) ist das bessere. (Wikipedia: Ockhams Rasiermesser bezeichnet das Sparsamkeitsprinzip in der Wissenschaft. Es besagt, dass von mehreren Theorien, die den gleichen Sachverhalt erklären, die einfachste zu bevorzugen ist.)